01_ PHOTOGRAPHY

Eiche Kiefer Sperrholz Nuss, 2016

“Without mortality, no history, no culture—no humanity.” – Zigmunt Bauman

 

Keine andere Türschwelle wird mit größerem Zwang übertreten, als die des Bestatters. In einer Welt voller Freiheiten und Möglichkeiten bietet der Tod keine Alternativen. In einem Leben voller Likes, Selbstoptimierung und Fast Consumers will etwas so Endgültiges nicht passen. Zu sperrig erscheinen Trauer und Tod. Aber ohne die Sterblichkeit im Blick zu haben, verlieren wir einen Teil unserer Menschlichkeit.

Die Serie ist eine behutsame Entdeckungsreise zur letzten Station des Lebens. Bewusst wird auf forensische und identifizierbare Bilder verzichtet, fernab eines Eklats wie ihn noch 1982 der amerikanische Fotograf Joel-Peter Witkin mit dem Bild Le Baisier provozierte. Vielmehr finden sich Anleihen in der Tradition der Malerei des nature morte aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Details, in denen sich Profanes und Spirituelles aufs Innigste verbinden. Einer Zeit indem der Tod noch nicht tabuisiert mitten in der Gesellschaft stattfand. Verdrängt aus der "Merkwelt der Lebenden" stellt Walther Benjamin in einem seiner Essays fest: "Ehemals kein Haus, kaum ein Zimmer, in dem nicht schon einmal jemand gestorben war. (...) Heute sind die Bürger in Räumen, welche rein vom Sterben geblieben sind, Trockenwohner der Ewigkeit (..)."Und obwohl dieser Exklusion des romantisierten ewigen Schlafes, dem privaten und somit abschottbaren Tod spätestens seit dem späten 20.Jahrhundert in den Künsten eine Auseinandersetzung folgte, flüchtet sich der gesellschaftliche Diskurs in Skandalisierungen. Zwischen der vom Ägyptologen Dietrich Wildung angeprangerten musealen "Mumien Pornographie" und der atomaren "Apokalypsen-Blindheit" des Philosophen Günther Anders geht es munter hin und her. In TV-Serien heißt es "Gestorben wird immer", wobei der dafür benötigte Humor genauso schwarz wie das adäquate Outfit ist. Die reale, nahe und alltägliche Konfrontation liegt weiter hinter der Türschwelle, irgendwo im innersten der Bestattungsindustrie.

Die Aufnahmen der Serie zeigen in Form von Stillleben kaum erkennbar Ausschnitte, die metonymisch für den gesellschaftlichen Raum stehen, in dem Tod stattfindet. An Orte, an denen Tote aufgebahrt, gewaschen, seziert und beerdigt werden: Bestattungsinstitute, Krematorien, medizinische Institute und Friedhöfe. Viele der Bilder sind mehrdeutig, lassen Spuren des vergangenen Lebens erkennen. Sie unterlaufen das Erwartbare sowie das Zurückweichen der Blicke durch Angst oder Ekel. Die Totenflecken sind von einer überraschend lebendigen Röte, die tätowierte Augenbraue einer Toten steht symbolisch für die Verbindung zwischen dem Natürlichen und dem Künstlichen des Sterbeprozesses. Das Mittel der Fotografie stellt sich in dieser Gebrauchsweise entgegen der im Netz kursierenden "Halls of Memory" und der dem Medium eigenen Erinnerungstradition. Der Tod ist auf den Fotografien genauso gegenwärtig wie faktisch und keine überzeitlich lebendig gehaltene Ewigkeit. Sie sind damit keine festgehaltenen Memoiren, vielmehr ein Istzustand des nicht Haltbaren.

 

Trauer und Geld gehen eine brüderliche Präsenz ein. Es ist der Zwang zu Entscheidung über den Leichnam und die folgende Beerdigung.  Der Titel der Serie verweist auf die verschiedenen Sargmodelle, zwischen denen die Angehörigen wählen können. Das Sortiment reicht vom Billigprodukt zum Luxusmodell und spiegelt ein letztes Mal den Status des Verstorbenen wider:  Eiche, Kiefer, Sperrholz oder Nuss.

 

Text Mia Zloblinski

 

 

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